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Per Einweisung eine Magenbypass-OP?

Tja .. eine spannende Frage. Wenn die Adipositas eine Krankheit ist, es gültige Leitlinien gibt, weshalb kann ein Arzt den Betroffenen nicht einfach mit einer Einweisung in eine Klinik schicken und der Betroffene wird operiert? Also ich meine OHNE im Vorfeld einen Antrag auf Kostenübernahme zu stellen?

Ich sag es mal ganz provokativ: Weil die Kliniken die Hosen voll haben, dass einige Operationen im Rahmen einer Nachprüfung durch die medizinischen Dienste die OP nicht bezahlt werden bzw. zurückgezahlt werden müssen.

Vielleicht für alle die, die nicht so im Thema stecken mal den IST Zustand:

  1. Der / Die Betroffenen geht in eine Klinik die adipositaschirurgische Maßnahmen durchführt oder in eine Beratungsstelle, wie die der AdipositasHilfe Nord e.V. und lässt sich beraten.
    Hier wird man erstmal aufgeklärt, dass man zuerst eine eine konservative Therapie nach den gültigen Leitlinien zur Prävention und Therapie der Adipositas durchführen muss. Dauer mindestens 6 Monate.
  2. Hat man alles erfüllt und die konservative Therapie erfolglos war – also weniger als 10% Gewichtsverlust – kann man einen Antrag bei der Krankenkasse auf Kostenübernahme stellen.
    Anmerkung: Jemand der bei einer Größe von 1,75 m, 180 KG auf die Waage bringt und nach 7 – 8 Monaten 10% Gewicht verloren hat, ist mit einem Restgewicht von 162 kg natürlich voll der „Gewinner“. Realistisch gesehen muss er ja nur noch ~65-70 KG abnehmen um aus den gefährlichen Bereichen zu kommen. Wie lange dauert das?
  3. Nun schickt die Kasse den Antrag zur Prüdung an den zuständigen medizinischen Dienst. Und hier geht der Spaß los. Bei manchen medizinischen Diensten fragt man sich, wie manche Gutachter zu ihrem Job gekommen sind.
    Abgesehen von Unkenntnis der Leitlinien und des eigenen Begutachtungsleitfaden werden immer noch eigene Wünsche geäußert, die gefordert werden oderweil sie angeblich in den Leitlinien stehen oder weil man meint, das wäre wichtig.Beispiel 1: In einem Fall wurde ein Antrag abgelehnt, weil eine Betroffene nicht noch zusätzlich das OptiFast-52 Programm durchlaufen hat. Eine Therapie, die in den Leitlinien als „Option“ für eine konservative Therapie steht. Obwohl die Betroffene alle Voraussetzungen bezüglich der konservativen Maßnahmen erfüllt hat, hat dieser MDK die Kostenübernahme nicht empfohlen. Die Krankenkasse legte es natürlich als „Entscheidung“ aus, weil die meisten da auch keine Ahnung haben. So deutlich muss man es mal sagen. Der Widerspruch wurde mit der selben seltsamen Begründung „abgeschmettert“, womit der Betroffenen nur der Gang vors Sozialgericht bleibt.Beispiel 2: Die Ärztin, die das sozialmedizinische Gutachten erstellte, wollte von der Antragsstellerin wissen, weshalb noch keine Amphetamin-Therapie durchgeführt wurde. Nach einer Intervention sollte die Betroffenen nun den Aufklärungsbogen (den normalerweise die Kliniken mit den Patienten durchgehen) ausfüllen und ihre Galle prüfen lassen, denn nach einer Magenbypass-Operation, könne man die Galle nicht mehr entfernen.Diese Beispiele könnte ich so weiter führen.

Soviel zum IST Zustand.

Wie ist denn der SOLL Zustand beziehungsweise wie könnte es sein?

Das ist relativ einfach. Der / Die Betroffene führt die 6-12 Monatige konservative Therapie unter ärztlicher / klinischer Aufsicht und evtl. Unterstützung durch eine Beratungsstelle durch. Nachdem die behandelnden Ärzt die medizinische Notwendigkeit des Eingriffs bestätigt und Kontraindikationen ausgeschlossen haben, kann der Patient mit einer Einweisung in das Adipositaszentrum einrücken.
Das Adipositaszentrum prüft die Unterlagen nochmals und archiviert diese.

Der Begutachtungsleitfaden Bariatrische Chirurgie bei Erwachsenen des MDS ist zwar schon 6 Jahre alt –  was bei den Fortschritten in der Behandlung der Adipositas schon eine Ewigkeit ist – gibt aber letztendlich alles vor, um einer nachträgliche Begutachtung nach Aktenlage durchzuführen.

Die S3 Leitlinie „Chirurgie der Adipositas“ ist im Großen und Ganzen auch ganz ordentlich, müsste stellenweise etwas präzisiert werden. Wie der Begutachtungsleitfaden auch.

Welche Vorteile hätte dies?
Die medizinischen Dienste sowie die Kassen würden entlastet. Kliniken und behandelnde Ärzte würden verstärkt auf die Qualität der konservativen Therapie achten. Auch die Sozialgericht würden entlastet, da nahezu fast alle Klagen gegen die Entscheidungen der Kassen erfolgreich sind UND der Begutachtungsleitfaden der MDS gibt die entsprechenden Urteile unter 2.1.3 schon aus, dass die Entscheidung der medizinischen Notwendigung die behandelnden Ärzte treffen.

Der § 275 Abs. 1 SGB V sagt nicht aus, dass die Anträge immer vorab geprüft werden müssen.

Ich hoffe ich falle nun nicht bei einigen Kliniken in Ungnade …. denn diese müssen sich dann mit den medizinischen Diensten rumärgern.

Update: 02.05.16

Immer mehr Kliniken gehen dazu über, Betroffene bei denen die Voraussetzungen wasserdicht sind, ohne Antrag zu operieren. Ich hoffe nur dass das ganze nicht soweit ausartet, dass Betroffene ohne Vorbereitung operiert werden. Denn dann kann das alles in einem Fiasko für diese enden. Ein strenger Maßstab ist in allen Fällen anzulegen.

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3 Kommentare

  1. Hilde Hüsing Hilde Hüsing 28. September 2020

    Hallo Micha, ich bin 4 Wochen Post OP… Wie geht es dir nach der langen Zeit mit dem magenbypass… Bereust du es… Würde mich freuen wenn du mir zurück schreibst… Hab eigentlich noch viel Fragen. LG Hilde

    • Micha Micha Autor des Beitrages | 5. Oktober 2020

      Hallo Hilde,
      wie es mir nach alle den Jahren geht, kannst in diesem Beitrag nachlesen. Auch Steffy hat ihre letzten Jahre mit dem Magenbypass mal aufgeschrieben.
      Bei Fragen solltest Dich je nach Art der Frage an das Adipositaszentrum, eine Schwerpunktpraxis bzw. Deinen behandelnden Arzt wenden. Zusätzlich bieten Selbsthilfegruppen noch die Möglichkeit zum Austausch an.

      Viele Grüße
      Micha

  2. Jeanette Stobiecki Jeanette Stobiecki 11. Oktober 2022

    Hallo zusammen, ich würde am 05.07.22 im Henriettenstift in Hannover operiert. Ich bekam nach 6 Monate multimodalem Konzept einen Magenbypass. Das Ganze lief genauso wie du beschrieben hast, ohne Zusage der Krankenkasse. Musste vorab Ernährungsberatung machen, dazu diverse protokolle führen (Bewegungstagebuch, Ernährungstagebuch 8 Wochen, Nachweis von Mitgliedschaften in sportvereinen oder fitnessstudios, Fragebogen mdk, Fragebogen vom krankenhaus, anamnesebogen), danach kam eine Untersuchung beim Endokrinologen, eine magenspiegelung und ein psychologisches Gutachten. Ganz am Anfang musste ich ein online Seminar vom krankenhaus mitmachen, in welchem man allgemein aufgeklärt wird, danach hat man einen Termin für ein erstgespräch bekommen in welchem es dann persönlicher wurde. Alles in allem fühle ich mich sehr gut betreut, da krankenhaus ist auch jetzt noch rund um die Uhr für mich erreichbar, falls ich fragen habe oder Sorgen. Bislang läuft alles super, knapp 30kg sind runter und die Kontrolle beim Endokrinologen hat auch ergeben, dass alles im Rahmen ist.

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